Nicht nur in Deutschland, auch in der Türkei fallen die Temperaturen, es regnet und es weht ein eisiger Wind. Längst haben die Badetouristen die türkische Riviera verlassen, die Hotels schließen über den Winter. Manch ein Urlauber erinnert sich vielleicht an die eine oder andere Katze, mit der er sich am Pool die Liege geteilt oder für die er am Frühstücksbuffet halb versehentlich, halb absichtlich, ein Stück Wurst hat fallen lassen. Solange die Touristen da sind, geht es den meisten Katzen recht gut: Sie sind an Menschen gewöhnt, lassen sich den Bauch kraulen und werden mit Essensresten oder sogar an eigens eingerichteten Futterstationen versorgt. Doch was passiert mit diesen Katzen im Winter, wenn die Touristen fort und die Hotels geschlossen sind?
Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Im Winter haben die Streuner mit zusätzlichen Herausforderungen zu kämpfen: Die Temperaturen fallen, doch der Kalorienbedarf steigt in der Kälte. Ihre Hauptnahrungsquelle, die tierlieben Touristen, entfällt. Die meisten Katzen verlassen die Hotelanlagen, da diese ihnen nun keine guten Lebensbedingungen mehr bieten können, oder sie werden fortgejagt, denn nun ist kein Tourist mehr da, der für sie einsteht oder sie gegen die Tierfänger verteidigt. Unter den wachsamen Blicken mitteleuropäischer Touristen geben viele Hotels sich als tierlieb aus, sie wissen, das ist es, was ihre Gäste von ihnen erwarten. Doch hinter verschlossenen Türen geht es oftmals anders zu.Um sich und den Gästen den unschönen Anblick kranker oder verletzter Katzen, die es natürlich auch zuhauf gibt, zu ersparen, werden diese gerne mal in einer nächtlichen Aktion „aussortiert“ und ins öffentliche Tierheim abgeschoben. Statt dringend benötigter, medizinischer Hilfe erwarten sie dort katastrophale Bedingungen, überfüllte Käfige, Krankheiten und ein Kampf um das wenige Futter, den bereits geschwächte Tiere nur verlieren können.Andere Katzen erfrieren oder verhungern im Winter auf den Straßen. Ihre steifen Körper landen auf der Ladefläche der Straßenreinigung wie Abfall. Ihnen wurde im Leben keine Gnade zuteil und dies ändert sich auch nicht im Tod.In einigen touristischen Hochburgen wie beispielsweise Alanya gibt es sogenannte Katzenparks, die von einzelnen Tierschützern, oftmals auch einheimischen, gepflegt werden. In kleinen, selbst gebauten Holzhütten finden die Tiere Unterschlupf vor dem Regen und der nassen Kälte und ab und zu wird dort Futter ausgegeben. Doch das Angebot reicht bei weitem nicht für alle Katzen, die sich dort tummeln. In Ermangelung weiterer Angebote für Straßenkatzen kommen sie zu dutzenden angelaufen, um ein wenig Trockenfutter zu ergattern und vielleicht ein paar Streicheleinheiten. Da viel zu viele Katzen viel zu eng zusammenleben, kommt es zu Revierkämpfen, bei denen die Tiere oftmals schwer verletzt werden. Es widerspricht ihrer Natur, mit so vielen Individuen zusammen zu leben. Hier sieht man auch viele kranke Katzen, sie humpeln, haben verklebte Nasen und Augen, verfilztes Fell oder offene Wunden. Krankheiten und Parasiten verbreiten sich hier rasend schnell und insbesondere junge Katzen sind den Infektionen hilflos ausgesetzt, vermutlich keine der Katzen hier ist geimpft oder entwurmt. Einige von ihnen sind offensichtlich ausgesetzte Hauskatzen und völlig überfordert mit dem Überlebenskampf auf der Straße.
Eine organisierte, medizinische Betreuung oder gar Kastrationsprogramme gibt es für diese Kolonien meist nicht. Das würde die Möglichkeiten und Mittel der wenigen Tierschützer, die sich ihrer annehmen, übersteigen. Und so vermehren die Katzen sich dort auch ungehindert und das Leiden wird immer wieder um eine neue Generation verlängert. Die neu geborenen Kitten haben im Winter so gut wie keine Überlebenschance. Sie sind zu klein und dürr, ihr Immunsystem zu schwach. Wenn nicht die erste Infektwelle sie dahinrafft, werden Kälte und Mangelernährung es tun. Wer meint, die Katzenparks seien eine ideale Zuflucht für die Straßenkatzen, irrt. Denn auf wenigen Quadratmetern sieht man hier dutzende Fälle von Tierleid. Das enge Zusammenleben verursacht für die Tiere massive Probleme.Aus einem solchen Katzenpark haben unsere Helferinnen gerade erst drei kranke Kitten mitgenommen, dazu werden wir noch genauer berichten. „Ich hab noch nie so viel Elend gesehen, ich hätt´noch 10 weitere mitnehmen können.“, berichtet eine von ihnen nach dem Besuch in der Katzenkolonie. Seit mehr als 10 Jahren ist sie regelmäßig vor Ort, doch ein solches Ausmaß an Bedürftigkeit und Notfällen habe sie noch nie erlebt.
Wir würden nun gerne einen positiven Ausblick, ein aufmunterndes Schlusswort schreiben, doch dies würde die Wahrheit verharmlosen. Es gibt tolle Initiativen und Menschen, die ihr ganzes Leben diesen armen Tieren verschreiben – doch sie können dem dramatischen Ausmaß der Lage nicht gerecht werden. Jeden Tag sterben in der Türkei Straßenkatzen und ausgesetzte Hauskatzen. Wer etwas dagegen tun möchte, kann selbst Verantwortung übernehmen und kranke Katzen auf dem Hotelgelände auf eigene Faust zum Tierarzt bringen, um ihnen so eine Überlebenschance zu schenken, oder eine Katze aus dem Tierschutz adoptieren - so wird der Platz frei für eine neue Katze in Not.