Die Entscheidung für einen LM-positiven Hund
Ich bin seit Dezember 2022 Pflegestelle für Hunde. Meine ersten Pflegehunde konnte ich in wundervolle Familien vermitteln. An einen Leishmaniose-positiven Hund habe ich mich jedoch Anfangs nicht herangetraut. Nicht weil ich Angst vor der Krankheit habe, sondern weil die meisten Menschen keine Tiere mit einer Vorerkrankung adoptieren wollen und mir somit bewusst ist, dass die Fellnase einige Monate bei mir ist, bis sich eventuell eine Familie meldet.
Ich bin schon seit vielen Jahren im Tierschutz aktiv und habe somit viel Kontakt mit Leishmaniose-positiven Hunden, auch im Freundeskreis. Alles sind wundervolle Tiere, die mit Medikamenten eingestellt sind und denen man die Leishmaniose auch nicht ansieht. Manche bekommen gar keine Medikamente, da die Leishmaniose inaktiv ist. In der Auffangstation sind viele tolle Hunde mit Leishmaniose, die einfach immer übersehen werden, weil Menschen diese Erkrankung abschreckt. Die Entscheidung, nun doch einen Leishmaniose-positiven Hund auf Pflegestelle zu nehmen, war letztendlich der Moment, als einer meiner vermittelten Hunde positiv getestet wurde und die Adoptanten sich hilfesuchend an mich wendeten. Hier habe ich gemerkt, dass mein Wissen über Leishmaniose nur oberflächlich war, ich daher gar nicht wirklich beraten und mich nur an meine Tierschutzfreunde wenden konnte. Um eine gute Pflegestelle für Auslandstiere sein zu können, wollte ich mich nun aktiv und ausführlich mit der Krankheit beschäftigen.
Um dieses Wissen aktiv anwenden zu können und auch die Erfahrungen und eventuelle Probleme eines Adoptanten aus eigener Sicht durch zu machen, habe ich mich dann bewusst für einen Leishmaniose-Hund entschieden. Da Burschie bereits in der Auffangstation mein Herz erobert hat und er vom Charakter her einfach super zu mir passt, war schnell klar, er sollte zu mir kommen, um die Chance auf seine eigene Familie zu erhalten.
Vorbereitung
Bei Burschie wusste ich bereits, dass er Allopurinol bekommt und er aktuell keine sichtbaren Anzeichen/Symptome hat. Leider ist unklar, ob die Leishmanien aktiv sind oder nicht. Die Aktivität kann in der Türkei nicht vorab getestet werden, da dort leider ein Mittelmeertest und eine Eiweißelektrophorese über ein Labor nicht möglich sind. Aber selbst wenn die Leishmaniose inaktiv wäre, könnte der stressige Flug einen Schub auslösen. Daher habe ich mich darauf eingestellt, dass er mit einer aktiven Leishmaniose zu mir kommt. Solange ich also nichts Genaueres wusste, sollte Burschie weiterhin Allopurinol bekommen. Das Medikament hatte ich mir vor der Ankunft über eine Tierfreundin organisiert.
Bei der Gabe von Allopurinol muss auf eine purinarme Ernährung geachtet werden, daher habe ich mich damit besonders beschäftigt. Vor allem, ob Nass-, Trockenfutter besser wäre oder ich selbst kochen würde. Da ich meine eigenen Hunde barfe, habe ich mich fürs Selbstkochen entschieden, wo ich alle Inhaltstoffe selbst zusammenstelle. Hier habe ich auf einigen Internetseiten viele Informationen über Ernährung erhalten. Trotzdem habe ich noch einen Sack Trockenfutter (Held vom Feld) gekauft, um eine Alternative zu haben, falls Burschie das Selbstgekochte nicht mag oder verträgt. Aber natürlich auch, da Selbstkochen zeitaufwendiger ist und es mal Tage geben kann, wo wenig Zeit dafür ist.
Bei den Zutaten habe ich es mir einfach gemacht und habe große Säcke Kartoffelflocken und Zucchini-Kürbis Gemüseflocken (Beides von der Marke Original-Leckerlies), dazu noch extra Karottenflocken und eine Obstmischung gekauft, die man nur im Wasser aufweichen muss. Dazu kamen noch diverse Zusatzmittelchen, die ich auch teilweise bereits Zuhause hatte, da ich sie beim Barfen meiner Hunde auch verwende. Dazu zählen Hagebuttenpulver, Flohsamenschalen, Eierschalenmehl, MSM Pulver, Moringa Pulver usw.. Zusätzlich noch einige Öle wie Lachs- Lein und Hanföl sowie Lebertran. Damit die wichtigen Mineralien dazu kommen, wurde mir Novomineral „Amor & Ninchen“ empfohlen, was genau für Leishmaniose Hunde bei purinarmer Ernährung abgestimmt ist. Auf der Dose steht zur Hilfe auch eine Angabe über die Portionierung der einzelnen Zutaten, was für mich sehr hilfreich war. Den Rest, wie Hüttenkäse oder Eier, besorgte ich frisch, kurz vor Burschies Ankunft. Diese ganzen Bestandteile sind natürlich nur meine persönliche Auswahl, sie können beliebig variiert oder durch andere Elemente ausgetauscht werden. Auch hier findet man auf Internetseiten ganz viele Alternativen.
Eine besondere Herausforderung war für mich, purinarme Leckerchen zu finden. Gerade Kauartikel bestehen meist aus Knochen, Haut oder getrocknete Innereien, die leider sehr viel Purin enthalten. Ich habe immer sehr viele Leckerchen zu Hause, doch es war tatsächlich nichts purinames dabei. Für einen längeren Kauspaß habe ich mich für Straussensehnen und Käsestangen entschieden, dazu noch vegetarische Kaustangen. Selbst bei den vegetarischen Leckerchen sind leider oft Füllstoffe aus Hülsenfrüchten dabei - wie Erbsen oder Mais. Hülsenfrüchte sind Gemüsearten mit höheren Purinanteil. Es wurde mir empfohlen, Kekse selbst zu backen, da man hier die Zutaten selbst bestimmen kann. Also habe ich noch sogenannte Backmatten bestellt.
Mehr konnte ich erstmals nicht tun: Medikament, Futter, Leckerchen. Alles war bereit – Burschie kann kommen…
Burschie ist eingezogen
Mai 2024 - Wie bei jedem meiner Pflegehunde war ich aufgeregt, doch bei Burschie noch mehr als sonst. Er war von Anfang an so lieb, tatsächlich war er der erste Pflegi, der kein Pipi-Malheur im Haus hinterlassen hat. Er war von Anfang an stubenrein. Er macht nichts kaputt und genießt nun einfach das Leben hier in Deutschland. Von der Pflege her ist kein Unterschied zu einem anderen Hund. Nur bei der Ernährung muss ich halt aktuell darauf achten, dass er nicht das Futter oder Leckerchen meiner eigenen Hunde mitfrisst.
Das Selbstgekochte hat er Gott Sei Dank gut angenommen, hier kann man wunderbar die Allopurinoltabletten eintauchen und er isst sie einfach mit. Aber auch das Trockenfutter isst er gut. Dies mische ich dann mit etwas Hüttenkäse, um hier die Tabletten zu verstecken. Auch das klappt ohne Probleme. Ich musste mich nur daran gewöhnen, an festen Zeiten zu füttern, da das Allopurinol alle 12 Stunden gegeben werden soll. Vorher waren meine Fütterungszeiten etwas variabel. Aber auch das ist kein großes Problem, habe mir zur Sicherheit zwei Wecker auf dem Handy gestellt.
Leider war es bei den Leckerchen nicht so einfach. Das meiste fand er nicht besonders toll. Hier musste ich viel herumprobieren. Er hat sie am Ende angenommen, aber nicht mit besonders viel Genuss gegessen. Dies liegt aber vielleicht auch daran, dass er vieles nicht kennt.
Nach einer Woche war ich beim Tierarzt. Für das Blutbild war es zu früh, da er sich erst richtig einleben sollte. Aber mein Tierarzt hat erstmal alles andere untersucht. Augen, Ohren, Zähne, das Herz abgehört und die Organe abgetastet. Viele Pflegehunde kamen z.B. mit einer Ohrenentzündung. Ich wollte sichergehen, dass später bei der Blutabnahme nicht irgendwelche Entzündungswerte die Blutergebnisse verfälschen. Aber mit Burschie war alles in Ordnung und er war beim Tierarzt so brav und hat alles ganz tapfer mitgemacht.
Der erste Bluttest
Mitte Juni 2024 - Nach ca. 3 Wochen stand nun endlich der wichtige Tierarzttermin an. Es wurde ein großes Blutbild gemacht, das große Reiseprofil mit allen Mittelmeererkrankungen und dazu noch eine Eiweißelektrophorese (EEP) um eine eventuelle Aktivität der Leishmanien zu erkennen. Das große Blutbild war ohne Auffälligkeiten, es geht ihm super.
Der Mittelmeertest war nicht ganz eindeutig. Es wurde, wie erwartet, Leishmaniose festgestellt. Durch die EEP war erkennbar, dass die Leishmanien aktiv sind und er somit wohl einen aktiven Schub hatte. Allerdings hatte er keine sichtbaren Anzeichen und es ging ihm bestens. Der Wert bei der Ehrlichiose war im Graubereich, also fraglich. Nach Rücksprache mit dem Tierarzt und einigen Fachleuten wurde mir empfohlen, erstmal weiter nur Allopurinol zu geben und nichts zu verändern. Da er erst kurze Zeit in Deutschland ist, es ihm super geht und er auch keine anderen Anzeichen hat, sollte ich den Mittelmeertest in 6-8 Wochen nochmal wiederholen und schauen, wie die Werte sich hier zeigen, auch die fraglichen Werte für Ehrlichiose.
Der zweite Bluttest
Ende August 2024 – Auf ging es zum Tierarzt für den zweiten Test. Es wurde diesmal ein Leishmanioseprofil gemacht. Dazu nochmal der Ehrlichiosetest, da dieser Wert fraglich war. Burschie geht es super, er hat tolles Fell - keine Anzeichen von Leishmaniose – und er ist fit wie ein Turnschuh. Frech, aktiv und für jeden Spaß zu haben.
Ein paar Tage später kamen die Ergebnisse. Am Leishmaniosewert hat sich nicht viel verändert, aber der Ehrlichiosewert hat sich erhöht und ist nun im positiven Bereich. Alle anderen Werte waren in Ordnung. Nach Rücksprache mit dem Tierarzt und auch den Leishmaniose Fachleuten, sollte nun erstmal die Ehrlichiose behandelt werden. Der Wert ist zwar positiv, aber nicht relativ hoch. Mit der Gabe von Doxycyclin für 21 Tage sollte die Ehrlichiose zu behandeln und austherapiert sein. Es wäre sogar möglich, dass die Aktivität in der Eiweißelektrophorese (EEP) von der Ehrlichiose kommt und gar nicht von der Leishmaniose. Wir sind gespannt… das nervigste ist eigentlich das Warten darauf den nächsten Test machen zu können, denn dieser wird erst wieder nach 6-8 Wochen gemacht. So lange heißt es erstmal wieder warten.
Wäre Burschie mein eigener Hund, wäre ich tiefenentspannt. Wenn ich nicht wüsste, dass er Leishmaniose hätte, würde es keiner vermuten. Er ist ein fröhlicher Hund, er liebt Spaziergänge und ist so gerne immer mit dabei.
Aber für die Vermittlung ist es natürlich aktuell eher ungünstig. Jemand der keine Ahnung von Leishmaniose hat, ist aktuell vielleicht etwas abgeschreckt. Wer sich jedoch besser auskennt, weiß, dass wir auf einem guten Weg sind und es derzeit keinen Grund zur Besorgnis gibt. Burschie braucht nur die richtigen Menschen und ich weiß, sie sind irgendwo da draußen. Wir werden weiter berichten…
Der dritte Bluttest
Große Erleichterung... Der dritte Bluttest zeigt, dass die Ehrlichiose erfolgreich bekämpft ist und auch der Leishmaniosewert etwas gesunken ist. Er bekommt nun weiterhin Allopurinol, aber es gibt kein Grund zu Besorgnis. Ich bin unendlich froh und Burschie und ich wünschen uns nun nur noch die richtigen Menschen zu seinem Glück.